Wir machen weiter und stellen die nächste Bündnispartnerin vor. Heute könnt ihr euch auf die Gleichstellungsstelle des Landkreises Göttingen freuen. Warum machen wir das noch gleich? Damit ihr ein besseres Gefühl dafür bekommt, was die einzelnen Instutionen und Träger*innen so tun und warum sie Mitglied im Bündnis für Alleinerziehende sind!
Was genau ist die Aufgabe der Gleichstellungsstelle und wie wird das umgesetzt?
Die Gleichstellungsstelle des Landkreises Göttingen besteht aus drei Kernbereichen:
Übergeordnet steht die Gleichstellungsarbeit
- Die Aufgabenbereiche umfassen vielfältige Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern und der strukturellen Benachteiligung entgegenzuwirken.
- Wir bieten Beratung und Unterstützung in Fragen der Gleichstellung, sowohl für die Kommunen im Landkreis als auch für Mitarbeiter*innen der Kreisverwaltung. Wir planen Maßnahmen und Projekte zur Förderung der Gleichstellung und setzen diese um. Zum Beispiel organisieren wir Informationsveranstaltungen, Workshops und Schulungen. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist die Öffentlichkeitsarbeit zur Sichtbarmachung der Gleichstellungsanliegen. Wir arbeiten zusammen mit anderen Gleichstellungsbeauftragten, Vereinen, Organisationen, Netzwerken sowie politischen Gremien und stellen Informationsmaterialien zur Verfügung. Wir veranstalten Aktionen z. B. zum Internationalen Frauentag, zum Internationalen Tag „Nein zu Gewalt an Frauen“ und zum „Equal Pay Day“. Des Weiteren überwachen wir die Einhaltung von Gleichstellungsgesetzen und -richtlinien innerhalb der Kreisverwaltung. Hierbei beraten wir die Kreisverwaltung bei Personalangelegenheiten: Wir wirken bei Stellenausschreibungen und -besetzungen mit, um Chancengleichheit sicherzustellen. Außerdem verfolgen wir die Förderung von Frauen in Führungspositionen sowie in der Politik.
Der zweite Bereich ist die Koordination zur Umsetzung der Istanbul-Konvention
- Wir setzten uns gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt, insbesondere im ländlichen Raum ein. Gewalt hat viele Formen: körperliche, sexualisierte, finanzielle, psychische oder digitale Gewalt betrifft Frauen* und Mädchen* unverhältnismäßig oft.
- Die Schwerpunkte der Arbeit ist die Verhütung und Bekämpfung von allen Gewaltformen. Wir sind in der Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit, von Fachpersonen aber auch der der Zivilbevölkerung tätig. Wir Organisieren bspw. Bildungsveranstaltungen und stärken die Netzwerkarbeit des Hilfesystems vor Ort. Wir Beraten Fachpersonen und Ämter. Wir identifizieren Lücken im Hilfesystem und fördern fehlende Angebote.
Der Dritte Bereich ist die Koordination der Antidiskriminierungsarbeit
- Viele Menschen sind von Diskriminierung betroffen. Diskriminierung bedeutet Benachteiligung, Ausgrenzung, (sexuelle) Belästigung oder Beleidigung aufgrund von: Religion oder Weltanschauung, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung und Identität, Behinderung oder chronischen Erkrankungen, Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Nationalität oder anderen rassistischen Gründen, weiteren Merkmalen wie sozialer Herkunft, familiärer Situation, Aussehen uvm. Diskriminierungen können überall stattfinden, bei der Wohnungs- oder Jobsuche, in Ämtern, in der medizinischen Versorgung, in der Schule oder am Arbeitsplatz.
- Wir machen die vielfältigen Probleme von Diskriminierung sichtbar, sensibilisieren Personen im öffentlichen Dienst und im zivilen Bereich. Wir beraten Fachpersonen und führen Erst- und Verweisberatung durch, dokumentieren Diskriminierungsfälle, veranstalten Bildungsveranstaltungen und setzen uns strukturell und im aktiven Leben gegen Diskriminierung ein.
An welchen Stellen ist die Arbeit der Gleichstellungsstelle vom LK Göttingen besonders wichtig/hilfreich für Alleinerziehende?
Als Teil der öffentlichen Verwaltung hat die Gleichstellungsstelle einen sehr guten Zugang zu regionalen und politischen Netzwerken und dadurch die Möglichkeit den Unterstützungsbedarf und die besonderen Herausforderungen von Alleinerziehenden sichtbar zu machen. Wir können die Öffentlichkeitsarbeit des Bündnisses für Allein- und Getrennterziehende unterstützen und die Interessen von Alleinerziehenden in politischen Gremien und gegenüber Entscheidungsträgern vertreten, um bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Außerdem können wir unsere Netzwerkarbeit nutzen, um weitere Akteur*innen auf die Zielgruppe und ihre Anliegen zu aufmerksam zu machen.
Warum ist es wichtig für Sie, bzw. die Gleichstellungsbeauftragten, Partner*in im Bündnis für Alleinerziehende zu sein?
Es ist für uns aus zwei Gründen sehr wichtig. Zum einen liegt der Frauenanteil bei Alleinerziehenden laut Statistiken des Statistischen Bundesamtes (Destatis) bei etwa 90%. Das bedeutet, dass die überwiegende Mehrheit der Alleinerziehenden Frauen sind. Es ist unser Ziel als Gleichstellungsstelle die Chancengleichheit von Frauen auf struktureller Ebene zu fördern.
Zum anderen setzen wir uns als Gleichstellungsbeauftragte auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Da Familienformen sehr vielfältig sind, ist es für uns wichtig die Ein-Eltern-Familien im Blick zu haben und mehr Unterstützung zu bieten. Frauen übernehmen häufiger als Männer die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung, insbesondere nach Trennungen oder Scheidungen. Dies bringt oft besondere Herausforderungen mit sich, wie finanzielle Belastungen, erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt sowie soziale und emotionale Belastungen. Uns ist es wichtig Eltern zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu meistern. Hierbei spielt auch die Gesundheit eine große Rolle, die bei Überbelastung durch Unterstützungsmangel gefährdet wird.
Worin, denken Sie, liegt die größte Herausforderung von Alleinerziehenden, um ihren Alltag gut bestreiten zu können?
Eine der größten Herausforderungen ist das Tragen der Alleinverantwortung für alle Verpflichtungen des Lebens und zwar auf doppelte Weise: für sich selbst UND für das Kind/die Kinder. Es bedeutet, alles in Hauptverantwortung zu managen: Kinderbetreuung und Erziehung (Ernährung, medizinische Versorgung), Erziehung und Bildung (Unterstützung bei Hausaufgaben und bei der Entwicklung sozialer und emotionaler Fähigkeiten), Freizeitaktivitäten (Organisation und Begleitung von Hobbys und Sport), Finanzen (Einkommenssicherung durch Erwerbsarbeit oder Stellen von Anträgen), Budgetierung (Verwaltung des Haushaltsbudgets, Bezahlung von Rechnungen), Verwaltung und eventuell das Einfordern von Unterhaltszahlungen, Haushaltsführung (Haushalt, Einkäufe, Kochen), Gesundheit (Arztbesuche, Verwaltung von medizinischen Notfällen), Emotionales Wohlbefinden (Unterstützung der Kinder in emotionalen und psychischen Belangen), Logistik und Organisation (Transport zu Schule, Kinderbetreuung, Freizeitaktivitäten), Zeitmanagement, Planung des Alltags und von besonderen Anlässen, berufliche Verpflichtungen (Erwerbsarbeit, Erfüllung der beruflichen Anforderungen), Weiterbildung, rechtliche und administrative Angelegenheiten (Behördengänge und Verwaltung von Steuerangelegenheiten), rechtliche Verantwortung.
Dies ist bereits für eine Familie mit zwei Erwachsen eine sehr große Herausforderung im Alltag, für Alleinerziehende kann es häufig zu Überbelastung und Überforderung führen, sodass das Gesundheits- und Armutsrisiko steigt.
Und worin liegt die größte Herausforderung in ihrer Arbeit?
- die Komplexität der vielen Benachteiligungen von Frauen, die auf unterschiedlichen Ebenen
- die lange Prozessdauer um benachteiligende Strukturen abzubauen
- kontinuierliche Finanzierung von Angeboten
- Priorisierung von Gleichstellungsthemen
- dem Entgegenwirken von Individualisierung von Problemen die struktureller Natur sind