Alleinerziehende stehen im Alltag vor besonderen Herausforderungen – eine der größten ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade außerhalb der regulären Betreuungszeiten von Kita und offener Ganztagsschule fehlt es oft an passenden Angeboten, obwohl der Bedarf sehr hoch ist. Das Bündnis für Alleinerziehende hat sich das Thema der ergänzenden Kinderbetreuung in den vergangenen zwei Jahren immer wieder auf die Agenda geschrieben.
Unser Fachtag mit dem Titel „Kinderbetreuung jenseits der Kernzeiten – Der Schlüssel zu Teilhabe und Arbeit für Alleinerziehende“ am 11. Februar 2025 hat wichtige Impulse gesetzt. Ein Ergebnis ist unser kompaktes Factsheet zur ergänzenden Kinderbetreuung!
Es zeigt klar: Der Bedarf ist da – und die Handlungsmöglichkeiten auch. In Stadt und Landkreis Göttingen kommt Bewegung ins Thema, die Diskussion über Möglichkeiten zu ergänzenden Angeboten jenseits der klassischen Betreuungszeiten ist eröffnet. Das ist ein starkes Signal – für mehr Familienfreundlichkeit, echte Teilhabe und Chancengerechtigkeit, besonders für Alleinerziehende. Jetzt ist der richtige Moment, gemeinsam dranzubleiben, denn so können wir Veränderungen voranbringen! Lest unser Factsheet, bringt euch ein und tragt das Thema weiter – wichtig ist, dass es nicht in Vergessenheit gerät.
Am 11. Februar 2025 fand der erste Fachtag vom Göttinger „Bündnis für Alleinerziehende“ in den Räumen der Volkshochschule in Göttingen statt. Rund 50 Teilnehmende, darunter Vertreter*innen aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft, Alleinerziehende sowie verschiedene Träger, diskutierten unter dem Titel „Kinderbetreuung jenseits der Kernzeiten – Der Schlüssel zu Teilhabe und Arbeit für Alleinerziehende“ über die Herausforderungen und Lösungen für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung außerhalb der Kernzeiten.
Zu Beginn unseres Fachtages richtete die Referatsleiterin Frauen und Erwerbstätigkeit, vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Heike Schmalhofer, einige Grußworte an die Besuchenden. Anschließend standen verschiedene Vorträge auf der Agenda.
“Jede 5. Familie in Deutschland ist alleinerziehend”, berichtet Sarah Menne, von der Bertelsmann Stiftung, in ihrem Impulsvortrag zum Amrutsrisiko von Alleinerziehenden und schaffte so einen optimalen Einstieg ins Thema. Als Grundlage für die Präsentation “Alleinerziehende in Deutschland – arm trotz Arbeit!” diente das Factsheet “Alleinerziehende in Deutschland”, welches von Antje Funcke und Sarah Menne erarbeitet und im Juni 2024 durch die Bertelsmann Stiftung veröffenlticht wurde.
Svenja Lüdecke, vom “Verband allein erziehender Mütter und Väter Landesverband NRW e. V.”, stellte anschließend das erfolgreiche Essener Modell “Sonne, Mond und Sterne” vor. Dieses “ermöglicht Alleinerziehenden, existenzsichernd arbeiten zu gehen, indem es die Kinderbetreuung außerhalb der üblichen Öffnungszeiten von Kita […] im Haushalt der Eltern durch individuelle, ergänzende Betreuung sicherstellt”. Ein ausführlicher Transferbericht beleuchtet die Problemstellung, erklärt das Modell selbst sowie dessen Finanzierung und gibt Handlungsempfehlungen.
Über die bereits existierenden und funktionierenden Angebote hinsichtlich ergänzender Kinderbetreuung in der Stadt Göttingen berichtete Cathrine Schwerdt, Stellvertretende Leitung Kindertagespflegebörse und Leitung KIB (Kinder individuell betreut). Die Präsentation findet ihr hier.
Die anschließenden Paneldiskussionen machten deutlich, dass es eine enorme Herausforderung für alle Eltern ist, Berufstätigkeit und Familie zu vereinbaren. Alleinerziehende ohne privates Betreuungsnetzwerk werden dabei vor unlösbare Aufgaben gestellt, insbesondere in den systemrelevanten Berufen mit Schichtbetrieb im Dienstleistungsbereich, im Handel oder in der Pflege. Die Arbeitszeiten dort sind einfach nicht mit den gängigen Betreuungszeiten vereinbar. Die Folge: Das Fachkräftepotenzial der Alleinerziehenden geht verloren, ihre Familien sind abhängig von SGB-II-Leistungen, ihre Kinder sind von Armut bedroht.
Wir haben die Ergebnisse der Paneldiskussionen aus Sicht von Alleinerziehenden, von Unternehmen sowie von Politik und Verwaltung für euch zusammengefasst.
Den Abschluss des Fachtags bildete eine Podiumsdiskussion, an der Vertreter*innen aus Stadt und Landkreis Göttingen teilnahmen. Kreisrat Conrad Finger (Landkreis Göttingen), Dietmar Linne (Jugendhilfeausschuss Landkreis Göttingen), Regina Meyer (Jugendhilfeausschuss Stadt Göttingen) und Insa Wiethaup (Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Wohnungsbau Stadt Göttingen) diskutierten das Thema des Tages. Als Grundlage dienten die Ergebnisse der Paneldiskussionen, die zuvor kurz vorgestellt wurden.
Die Diskussion zeigte deutlich, dass ein großer Bedarf an flexibleren Betreuungsangeboten zusätzlich zu denen der Institutionen KiTa und Kindertagepflege besteht. Gleichzeitig müssen jedoch viele Hürden überwunden werden, wie z. B. die Qualitätssicherung und natürlich vor allem die Frage der Finanzierung. Im Kern war sich das Podium einig: Für die Bereitstellung einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung jenseits der Kernzeiten brauchen die Kommunen finanzielle Unterstützung des Landes und des Bundes sowie ein starkes Engagement von Unternehmen, Zivilgesellschaft und Trägern. Die Vernetzung dieser Akteur*innen benötigt gesicherte Strukturen, wie sie das „Bündnis für Alleinerziehende“ bereitstellt.
Der erste Fachtag vom „Bündnis für Alleinerziehende“ fand in entspannter Atmosphäre statt, viele Teilnehmende kannten sich bereits. Es war schön zu sehen, dass alle dasselbe Ziel verfolgen. Das spiegelte sich auch in der Stimmung der Veranstaltung wider. Der Fachtag war ein voller Erfolg und ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Alleinerziehende.
Mit dem Fachtag ist es gelungen das Thema “ergänzende Kinderbetreuung” auf die Agenden von Verwaltung und Politik zu setzen. Das “Bündnis für Alleinerziehende” bleibt weiter für euch dran!
Ein erster Schritt in diese Richtung fand auf der Ratssitzung der Stadt Göttingen am 14. Februar 2025 statt. Die Bündnis 90/Die Grünen-Ratsfraktion platzierte den Antrag “Mehr Chancen für Allein- und Getrennterziehende” auf der Tagesordnung, dem folgende Punkte zugrunde liegen:
Noch während der Sitzung stellte Insa Withaup von der SPD folgenden Änderungsantrag: „Einführung des Essener Projektes ‘Sonne, Mond und Sterne – ergänzende Kinderbetreuung’ auch in der Stadt Göttingen.“.
Die kompletten Anträge sind auf der Website der Stadt Göttingen zu finden. Wir freuen uns über diese Entwicklung und darüber, dass der Input unseres Fachtages direkt in die entsprechenden Gremien getragen werden konnte. Am 18. Februar berichtete der Harz Kurer über unsere Veranstaltung.