Am 11. Februar 2025 fand der erste Fachtag vom Göttinger „Bündnis für Alleinerziehende“ in den Räumen der Volkshochschule in Göttingen statt. Rund 50 Teilnehmende, darunter Vertreter*innen aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft, Alleinerziehende sowie verschiedene Träger, diskutierten unter dem Titel „Kinderbetreuung jenseits der Kernzeiten – Der Schlüssel zu Teilhabe und Arbeit für Alleinerziehende“ über die Herausforderungen und Lösungen für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung außerhalb der Kernzeiten.

Zu Beginn unseres Fachtages richtete die Referatsleiterin Frauen und Erwerbstätigkeit, vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Heike Schmalhofer, einige Grußworte an die Besuchenden. Anschließend standen verschiedene Vorträge auf der Agenda.

Verschiedene Vorträge zum Thema
“Jede 5. Familie in Deutschland ist alleinerziehend”, berichtet Sarah Menne, von der Bertelsmann Stiftung, in ihrem Impulsvortrag zum Amrutsrisiko von Alleinerziehenden und schaffte so einen optimalen Einstieg ins Thema. Als Grundlage für die Präsentation “Alleinerziehende in Deutschland – arm trotz Arbeit!” diente das Factsheet “Alleinerziehende in Deutschland”, welches von Antje Funcke und Sarah Menne erarbeitet und im Juni 2024 durch die Bertelsmann Stiftung veröffenlticht wurde.
Svenja Lüdecke, vom “Verband allein erziehender Mütter und Väter Landesverband NRW e. V.”, stellte anschließend das erfolgreiche Essener Modell “Sonne, Mond und Sterne” vor. Dieses “ermöglicht Alleinerziehenden, existenzsichernd arbeiten zu gehen, indem es die Kinderbetreuung außerhalb der üblichen Öffnungszeiten von Kita […] im Haushalt der Eltern durch individuelle, ergänzende Betreuung sicherstellt”. Ein ausführlicher Transferbericht beleuchtet die Problemstellung, erklärt das Modell selbst sowie dessen Finanzierung und gibt Handlungsempfehlungen.
Über die bereits existierenden und funktionierenden Angebote hinsichtlich ergänzender Kinderbetreuung in der Stadt Göttingen berichtete Cathrine Schwerdt, Stellvertretende Leitung Kindertagespflegebörse und Leitung KIB (Kinder individuell betreut). Die Präsentation findet ihr hier.
In drei Panels wurde das Thema “ergänzende Kinderbetreuung” aus verschiedenen Perspektiven diskutiert
Die anschließenden Paneldiskussionen machten deutlich, dass es eine enorme Herausforderung für alle Eltern ist, Berufstätigkeit und Familie zu vereinbaren. Alleinerziehende ohne privates Betreuungsnetzwerk werden dabei vor unlösbare Aufgaben gestellt, insbesondere in den systemrelevanten Berufen mit Schichtbetrieb im Dienstleistungsbereich, im Handel oder in der Pflege. Die Arbeitszeiten dort sind einfach nicht mit den gängigen Betreuungszeiten vereinbar. Die Folge: Das Fachkräftepotenzial der Alleinerziehenden geht verloren, ihre Familien sind abhängig von SGB-II-Leistungen, ihre Kinder sind von Armut bedroht.
Wir haben die Ergebnisse der Paneldiskussionen aus Sicht von Alleinerziehenden, von Unternehmen sowie von Politik und Verwaltung für euch zusammengefasst.
Anregende Diskussion auf dem Podium
Den Abschluss des Fachtags bildete eine Podiumsdiskussion, an der Vertreter*innen aus Stadt und Landkreis Göttingen teilnahmen. Kreisrat Conrad Finger (Landkreis Göttingen), Dietmar Linne (Jugendhilfeausschuss Landkreis Göttingen), Regina Meyer (Jugendhilfeausschuss Stadt Göttingen) und Insa Wiethaup (Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Wohnungsbau Stadt Göttingen) diskutierten das Thema des Tages. Als Grundlage dienten die Ergebnisse der Paneldiskussionen, die zuvor kurz vorgestellt wurden.

Die Diskussion zeigte deutlich, dass ein großer Bedarf an flexibleren Betreuungsangeboten zusätzlich zu denen der Institutionen KiTa und Kindertagepflege besteht. Gleichzeitig müssen jedoch viele Hürden überwunden werden, wie z. B. die Qualitätssicherung und natürlich vor allem die Frage der Finanzierung. Im Kern war sich das Podium einig: Für die Bereitstellung einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung jenseits der Kernzeiten brauchen die Kommunen finanzielle Unterstützung des Landes und des Bundes sowie ein starkes Engagement von Unternehmen, Zivilgesellschaft und Trägern. Die Vernetzung dieser Akteur*innen benötigt gesicherte Strukturen, wie sie das „Bündnis für Alleinerziehende“ bereitstellt.
Ausgelassene Stimmung und Thema in der Ratssitzung
Der erste Fachtag vom „Bündnis für Alleinerziehende“ fand in entspannter Atmosphäre statt, viele Teilnehmende kannten sich bereits. Es war schön zu sehen, dass alle dasselbe Ziel verfolgen. Das spiegelte sich auch in der Stimmung der Veranstaltung wider. Der Fachtag war ein voller Erfolg und ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Alleinerziehende.
Mit dem Fachtag ist es gelungen das Thema “ergänzende Kinderbetreuung” auf die Agenden von Verwaltung und Politik zu setzen. Das “Bündnis für Alleinerziehende” bleibt weiter für euch dran!
Ein erster Schritt in diese Richtung fand auf der Ratssitzung der Stadt Göttingen am 14. Februar 2025 statt. Die Bündnis 90/Die Grünen-Ratsfraktion platzierte den Antrag “Mehr Chancen für Allein- und Getrennterziehende” auf der Tagesordnung, dem folgende Punkte zugrunde liegen:
- „Besondere Berücksichtigung und strategische Einbettung der Zielgruppen Allein- und Getrennterziehende und ihrer Kinder in sämtliche Überlegungen der städtischen Sozialplanung zur Armutsprävention
- Nachhaltige Vernetzung der Akteure im Bündnis Allein- und Getrennterziehende nach Auslaufen der jetzigen Förderung durch Erhalt einer professionellen Geschäftsführung insbesondere für die Moderation der im Bündnis vertretenen Akteure
- Ggfs. Schaffung einer Beratungs- und Lotsenfunktion innerhalb der Verwaltung zur Bündelung aller vorhandenen Angebote für Allein- und Getrennterziehende und ihrer Kinder“
Noch während der Sitzung stellte Insa Withaup von der SPD folgenden Änderungsantrag: „Einführung des Essener Projektes ‘Sonne, Mond und Sterne – ergänzende Kinderbetreuung’ auch in der Stadt Göttingen.“.
Die kompletten Anträge sind auf der Website der Stadt Göttingen zu finden. Wir freuen uns über diese Entwicklung und darüber, dass der Input unseres Fachtages direkt in die entsprechenden Gremien getragen werden konnte. Am 18. Februar berichtete der Harz Kurer über unsere Veranstaltung.


